Das Short Ulna Syndrom - (Ulnaverkürzung)

Das Short Ulna Syndrome kommt am häufigsten bei Hunden vor, die auf Kurzbeinigkeit gezüchtet werden wie Dackel, Basset, Welsh Corgi usw. Obwohl Trauma (äussere Gewalteinwirkung) eine häufige Ursache für den vorzeitigen Verschluss dieser Epiphyse ist, wurde auch die Vererbung von frühzeitigem Verschluss der ulnaren Epiphyse im Zusammenhang mit der Entwicklung des Exterieurs gewisser Rassen in Verbindung gebracht. So ist bei Rassen, wie z.B. Welsh Corgis die Veranlagung für diese Fehlbildung genetisch bedingt.

Die fogenden Bilder zeigen einen Cardigan Welsh Corgi mit einer Fehlbildung, die NICHT von einer Verletzung herrührt sondern durch eine genetische Veranlagung bedingt ist; einige seiner Wurfgeschwister sind ebenfalls betroffen. Die Bilder illustrieren jedoch sehr gut, was eine Verkürzung der Ulna bewirken kann.


Mit 9 Wochen

Mit ungefähr 6 Monaten

Mit einem Jahr,
wenige Tage for der Operation

Ungefähr 6 Monate
nach der Operation (Osteotomie)

Der gleiche Hund mit 8 Jahren

Im Frühjahr 2016 teilte der Norwegische Kennel Klub (NKK) dem norwegischen Welsh Corgi Klub mit, dass sie mit der Auswertung von ED-Röntgenbildern folgender Rassen bis auf weiteres aufhören werden: Dackel, Drever (Schwedische Dachsbracke), Welsh Corgi, Skye Terrier, Pekinese, Tibet Spaniel, Shih Tzu, Lhasa Apso und Västgötaspets.

Der Entscheid beruht auf dem Umstand, dass kurzbeinige Rassen an anderen Erkrankungen der Ellbogen leiden können, als unter dem Begriff "Ellbogendysplasie" (ED) verstanden wird. Die gegenwärtige Auswertung ist deshalb ungeeignet und kann bei diesen Rassen zu einer falschen Diagnose führen.

Kleine (leichte) und chondrodystrophe (kurzbeinige) Hunde wie z.B. die Corgis haben praktisch keine ED - also braucht man weder Zeit noch Geld für ED-Aufnahmen zu verschwenden. Chondrodystrophe Hunde können im Ellbogen eine sogenannte Subluxation haben als Folge des Short Ulna Syndroms. Es handelt sich um ein Ellbogenleiden, das nicht zum ED-Begriff gehört. Wenn die Radiologen Bilder von Hunden erhalten, die keine ED aber eine Subluxation im Ellbogen haben, kann das Resultat innerhalb der Auswertungskriterien bei üblicher ED-Untersuchung nicht klassifiziert werden. Der Radiologe kann sich daher gezwungen sehen, den Hund als frei von ED zu bezeichnen, was aber dazu führt, dass der Besitzer fälschlicherweise glaubt, dass sein Hund "gesunde" Ellbogen hat.

Die gegenwärtige Untersuchung auf ED umfasst nur eine Seitenaufnahme der Ellbogen, wobei der Hund mit stark gewinkeltem Ellbogengelenk fotografiert wird. Ein solches Bild ist nicht optimal für die Einschätzung der Subluxation.

Das Short Ulna Syndrom
Ulna - Elle
Radius - Speiche
Epiphyse - Wachstumsfuge
Distal - unteres Ende der Elle/Speiche
Proximal - oberes Ende der Elle/Speiche
Lateral - seitlich
Axial - in Längsrichtung der Achse

Als häufigste Ursache (63%) für die vorzeitige Schliessung der distalen ulnaren Epiphyse bei Hunden wird eine Verletzung der Epiphyse genannt. Es ist allgemein anerkannt, dass die geometrische Form der distalen ulnaren Epiphyse der hauptsächliche Grund ist, warum sie vom vorzeitigen Verschluss der Epiphyse betroffen ist. Die meisten Epiphysen, wie z.B. die proximale und distale radiale Epiphyse, sind relativ flach und daher für Abscherbrüche (shear fractures) disponiert. Das Längenwachstum kann von diesen relativ flachen Epiphysen ungehindert fortgesetzt werden, so lange die Keimzellen unbeschädigt bleiben und weiterhin an der Epiphyse haften. Die distale ulnare Epiphyse hingegen hat eine kegelartige Form und kann daher nicht abscheren, ungeachtet ob die schädliche Einwirkung von axialer (in Längsrichtung) oder lateraler (seitlicher) Natur ist. Eine übermässige Einwirkung, ungeachtet von welcher Seite, kann daher eine Quetschung auf der einen Seite der kegelförmigen Epiphyse verursachen, welche zu einer Beschädigung der Keimzellen und nachfolgender Verzögerung oder zum Stillstand des ulnaren Wachstums führt.

Weil 100% des ulnaren Wachstums distal zum Ellbogengelenk von der distalen ulnaren Epiphyse ausgeht, führt die Verletzung dieser Epiphyse oft zu einer grösseren Veränderung der Unterarmform als eine Verletzung einer der beiden radialen Epiphysen. Eine Verzögerung des Wachstums der distalen ulnaren Epiphyse kann nicht nur zu einer verkürzten Ulna führen, sondern auf Grund der nahen Verbundenheit von Radius und Ulna, zu äusserlichen Veränderungen des Radius. Obwohl dies nicht immer der Fall ist, umfassen die typischen Veränderungen, die man beim Radius als Folge des vorzeitigen Verschlusses der distalen ulnaren Epihyse sieht, eine Verkürzung, Procurvatum (Rückwärtsbiegung), distale Fehlstellung und Verdrehung. Diese Veränderungen entstehen wenn der Radius weiter "rund um" die distale Ulna wächst, welche sich kaudolateral (unten und seitlich) des distalen Radius befindet. Das Ausmass dieser Veränderung hängt vom Grad der ulnaren Wachstumsverzögerung und dem verbleibenden Wachstumspotenzial zum Zeitpunkt der Verletzung ab. Zusätzlich zur Auswirkung auf den Radius, kann die Verkürzung der Ulna eine Nichtübereinstimmung im Ellbogengelenk verursachen, die zu übermässiger biomechanischer Belastung des radialen Kopfs und zu Ellbogendysplasie führen. Diese Veränderungen können schliesslich zur Ellbogenarthrose führen.

Eine blosse Verkürzung der Ulna auf der Höhe des Ellbogengelenks kann durch den fehlenden Verschluss der distalen ulnaren Epiphyse entstehen. Jeder Zustand, der vor dem Verschluss der proximalen radialen Epiphyse zu radioulnarer Synostose (knöchernen Verbindung von Radius und Ulna) führt, kann zu einer verkürzten Ulna führen. Wenn keine Fehlstellung des Unterarms besteht, wird die verkürzte Ulna vorwiegend durch einen Verlängerungseingriff korrigiert. Ähnlich wie bei radialer Verlängerung, bieten sich akute und stufenweise chirurgische Optionen.

Bei skelettal noch nicht fertig entwickelten Patienten wird die ulnare Ostektomie (Entfernung eines Stück Knochens) als bevorzugte Behandlungsmethode empfohlen. Dieser Eingriff setzt das proximale Ende der Ulna frei, so dass sie nicht länger durch das verzögerte Wachstum der distalen Epiphyse gebremst wird, wobei sie nun proximal wachsen und die Übereinstimmung mit dem Oberarmknochen optimieren kann. Der Schritt zur Aufhebung des verzögerten (Bogensehne)Effekts einer langsamer wachsenden Ulna kann auch verhindern, dass sich die gleichzeitige radiale Fehlstellung verschlimmert, wenn im Radius immer noch Wachstumspotenzial vorhanden ist. Wenn der Grad der notwendigen ulnaren Verlängerung relativ klein ist, ist bei einem noch nicht fertig entwickelten Patienten Ostektomie einer Osteotomie (Durchtrennung des Knochens) vorzuziehen, weil der entstehende Knochenabstand grösser wird. Dieser grössere Abstand wird verhindern, dass die Ulna eine knöcherne Verbindung eingeht, bevor das radiale Wachstum beendet ist. Wenn die Ulna heilt, bevor das Längenwachstum des Radius beendet ist, kann eine zusätzliche Operation notwendig werden.

Asymmetrische Epiphysen-Störungen und Fehlstellung während der Entwicklung
Eine entwicklungsmässige Abweichung, die zu blosser Verkürzung des Radius oder der Ulna führt, ist selten, weil asymmetrische Epiphysen-Schäden öfter vorzukommen scheinen als ein symmetrischer Verschluss. Entwicklungsmässige Fehlstellung des Unterarms kann vorkommen bei (1) asymmetrischem vorzeitigem Verschluss der Epiphyse des proximalen oder distalen Radius oder beidem, (2) vorzeitigem Verschluss der distalen ulnaren Epiphyse bei fortgesetzter radialer Entwicklung oder (3) einer Kombinationen der beiden Ursachen.

Wenn eine Fehlstellung des Unterarms festgestellt wird, sieht sich der Chirurg vor einer Reihe von Entscheidungen mit Bezug auf das Timing und die Art der vorzunehmenden Korrektur. Bei einem skelettal noch nicht fertig entwickelten Hund besteht das Risiko bei jeder Art von Korrektur darin, dass die Fehlstellung erneut auftreten kann und eine zweite Operation erfordert. Die Alternative ist, die Operation aufzuschieben bis der Hund ausgewachsen ist. Zu diesem Zeitpunkt kann eine definitive Korrektur vorgenommen werden ohne Risiko für eine wiederkehrende Fehlstellung. Das Risiko beim Zuwarten ist, dass die Fehlstellung die Verteilung der biomechanischen Belastung der Gelenke negativ beeinflusst und das Gelenk strapaziert, was eine ungleiche Abnutzung der Gelenkoberfläche bewirkt. Die Veränderungen können frühzeitige Arthrose und potenzielle Remodellierung des Knochens unterhalb des Knorpels bewirken.

Quelle: Veterinary Surgery: Small Animal by Karen M. Tobias, Spencer A. Johnston

Kann man der ulnaren Verkürzung vorbeugen?
Julie Morris, Dorwyn Cardigans, Australien schreibt: "Das Short Ulna Syndrom ist auch ein Problem in Australien. Leider wurde bei der Zucht zu wenig darauf geachtet. Vor vielen Jahren wurde anlässlich eines Züchterseminars empfohlen, auf längere Ellen zu achten. Auch die Ernährung wurde besprochen und es wurde geraten, für Cardigans nach der Entwöhnung im Alter von 8 Wochen kein Welpenfutter zu verwenden, sondern breiiges Futter für erwachsene Hunde zu verabreichen. Ich denke, dass es mir durch selektive Zucht und die Kost gelungen ist, das Problem zu vermeiden. Ich bin froh, sagen zu können, dass keine Dorwyn Welpen im Wachstumsalter hinkten.
Hingegen muss ich gestehen, dass mein Skye Terrier rund eine Woche lang hinkte. Und das war allein meine Schuld. Er war 7 Wochen alt und halb entwöhnt, als ein Cardigan Wurf geboren wurde. Ich war damals so mit den 8 Welpen beschäftigt, dass ich vergass, den Skye Terrier zum richtigen Zeitpunkt auf BARF zu setzen. Als ich ihn das erste Mal hinken sah, wusste ich gleich, was los war, und wechselte sofort zu BARF. Innerhalb einer Woche bewegte er sich wieder normal. Diesen Fehler werde ich nie mehr machen. Es bewies mir, wie wichtig die Ernährung für die kurzbeinigen Hunde ist."

Bridget Smeeton, Rodwell Welsh Corgis, Neuseeland: Eine Verletzung, ihre Ursache und Folgen für den Cardigan Welsh Corgi.

Aus eigener Erfahrung: Ich habe Cardigan Corgis seit 1979 aus verschiedenen Linien. Soweit ich mich erinnere, begannen vier von ihnen im Alter von 7-9 Monaten auf einem Vorderbein zu hinken. Glücklicherweise war keine Operation notwendig. Schmerzmittel und eingeschränkte Bewegung und Spiel genügten. Ich liess keinen meiner Hunde von grösserer Höhe oder dem Sofa herunterspringen oder die Treppe rauf und runter rennen, bevor sie ungefähr 8 Monate alt waren. Meine zwei gegenwärtigen Cardigans (11 Jahre und 9 Monate alt) bekamen auf Empfehlung ihrer jeweiligen Züchterin im Alter von 12 Wochen nur noch adult Futter und keiner hat seither auf einem Vorderbein gehinkt. - ANo

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www.welshcorgi-news.ch
14.01.2017