Das Gen, das die kurzen Beine beim Hund verursacht

Dass Dackel im Vergleich zu anderen Rassen ein erhöhtes Risiko für Bandscheibenvorfall (Diskusprolaps) haben, ist bekannt. Früher glaubte man, dass es auf Grund des langen Rückens war, aber heute weiss man, dass die primäre Ursache eine Degeneration der stossabsorbierenden Bandscheiben ist. In Wirklichkeit haben Dackel ja nicht einen langen Rücken sondern kurze Beine, genau wie die Corgis.

Der Grund für die kurzen Beine des Dackels ist eine besondere Form von Zwergwuchs. Die wissenschaftliche Bezeichnung ist "chondrodystropher Zwergwuchs", der auch beim Welsh Corgi und verschiedenen anderen Rassen vorkommt. Das Ausmass des Zwergwuchses kann variieren; Rassen wie die französische Bulldogge und der Beagle sind faktisch auch "chondrodystroph", obwohl ihre Beine nicht ganz so kurz sind.

2009 fand ein Team von Wissenschaftlern unter der Leitung von Heidi Parker vom National Human Genome Research Institute in Bethesda (Maryland) die genetische Ursache für die kurzen Beine dieser Rassen.

Sämtliche Fälle von Kurzbeinigkeit bei domestizierten Hunden sind das Resultat einer einzigen genetischen Mutation, die früh - vielleicht bis zu 4000 Jahre - in der Evolution der Hunde stattfand. Ein Gen genannt FGF4 (kurz für Fibroblast Growth Factor 4), welches für das Wachstum der Knochen eine wichtige Rolle spielt, wurde kopiert und an einem anderen Ort des Erbgutes eingesetzt. Dabei haben unsere Vorfahren wahrscheinlich schon damals erkannt, dass Hunde mit kurzen Beinen nützlich sein konnten und haben diese Eigenschaft durch selektive Zucht bewahrt.

Alle Hunderassen haben zwei Kopien von FGF4 auf Chromosom 18.

Im Laufe der Entwicklungsgeschichte des Hundes wurde das FGF4-Gen zweimal kopiert und an einem anderen Ort eingesetzt. Das eine Mal wurde es an einem anderen Ort auf Chromosom 18 eingesetzt. Das andere Mal wurde es auf Chromosom 12 eingesetzt. Die Zahl der Kopien und deren Platzierung beeinflusst die Beinlänge und das Risiko für Diskusprolaps.

Extra Kopien auf Chromosom 18:
Kurze Beine und moderates Risiko für Diskusprolaps:
z.B. Carin Terrier und West Highland White Terrier.

Extra Kopien auf Chromosom 12:
Knapp so kurze Beine aber grösseres Risiko für Diskusprolaps:
z.B. französische Bulldogge und Beagle.

Extra Kopien auf sowohl Chromsom 18 wie 12:
Kurze Beine und hohes Risiko für Diskusprolaps
z.B. Dackel und Welsh Corgi

Das FGF4-Gen codiert ein Protein, das mitverantwortlich ist für die Regulierung des Wachstums der langen Röhrenknochen. Bei den Hunden mit extra Kopien von FGF4 wird von diesem Stoff mehr produziert, was bewirkt, dass das Wachstum früher als normal stoppt und demzufolge die kürzeren Beine hervorbringt. Leider hat sich herausgestellt, dass es auch andere Veränderungen mit sich führt und zwar Änderungen in den stossabsorbierenden Scheiben, die sich zwischen den Rückenwirbeln befinden.


Degeneration
Die Rückenwirbel beim Hund bestehen aus 7 Halswirbeln, 13 Brustwirbeln und 7 Lendenwirbeln. Das Kreuzbein besteht aus drei zusammengewachsenen Wirbeln und die Rute hat typisch 20-23 Wirbel. Die Rückenwirbel beschützen u.a. das Rückenmark. Die stossabsorbierenden Scheiben bestehen aus einem äusseren festen Ring und einem weichen geleeartigen Kern.


Bei nicht chondrodystrophen Rassen enthält der Kern gewisse Moleküle, die Wasser aufnehmen können. Dabei sorgen sie dafür, dass die geleeartige Masse weich und elastisch bleibt. Bei den kurzbeinigen Rassen hingegen ändert sich die Zusammensetzung der Moleküle im Kern, was den Wassergehalt reduziert. Der Kern der Scheibe wird dadurch steif und unelastisch - ähnlich wie Modellierwachs, der bei Austrocknung hart wird. Diese Änderung des Scheibenkerns wird "Degeneration" genannt.

Der Prozess beginnt bereits im Laufe des ersten Lebensjahrs und bedeutet ein grösseres Risiko für einen akuten Diskusprolaps (Hansen Typ 1), wobei der äussere Ring der Scheibe bricht und das Material des Kerns herausgestossen wird. Der äussere Ring der Scheibe ist oben am dünnsten - direkt unter dem Rückenmark. Wenn es hier zu einem Diskusprolaps kommt, kann das Rückenmark beschädigt werden, was u.a. zu Lähmungen führen kann.

Der Kern der Scheiben degeneriert bei allen Hunden mit dieser speziellen Form von Zwergwuchs und mit der Zeit können sie verkalken, was auf einem Röntgenbild zu sehen ist. Der Grad der Degeneration variiert indessen von Hund zu Hund. Mittels eines Röntgenbildes kann man die verkalkten Scheiben zählen und sich so ein Bild über die Degeneration bei dem betreffend Hund machen. Es gibt jedoch Faktoren, die helfen, einen Diskusprolaps vorzubeugen. Körperlich starke, schlanke und fitte Hunde haben ein geringeres Risiko für einen Diskusprolaps, selbst wenn sie viele Verkalkungen aufweisen.

Hinweise:
Dansk Kennel Klub "Hunden" 3/2019: Diskusprolaps hos de kortbenede racer. https://www.nationalgeographic.com/science/phenomena/2009/07/16/the-copied-gene-that-gave-dachshunds-and-corgis-their-short-legs/

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www.welshcorgi-news.ch
26.10.2019