IMHA/AIHA

Was ist IMHA/AIHA?
Immunvermittelte hämolytische Anämie (IMHA) oder autoimmunhämolytische Anämie (AIHA) ist eine Krankheit, bei der das Immunsystem des Körpers die eigenen roten Blutkörperchen angreift. Bei einem Hund mit IMHA ist die Zahl der roten Blutkörperchen im Blut in der Regel deutlich niedriger als normal, d.h. der Hund leidet an Blutarmut. Der prozentuale Anteil der roten Blutkörperchen an der Gesamtblutmenge wird als Hämatokritwert bezeichnet und beträgt normalerweise, je nach Rasse, zwischen 37-55 %.

Über eine primäre immunvermittelte hämolytische Anämie (manchmal auch als AIHA, autoimmunhämolytische Anämie bezeichnet) spricht man, wenn nach einer gründlichen klinischen, labortechnischen und bildgebenden Untersuchung keine Ursache dafür gefunden werden kann. Als sekundäre IMHA bezeichnet man alle Anämien, die auftreten, wenn das Immunsystem versehentlich die eigenen Blutkörperchen zerstört als Folge einer Immunattacke gegen ein Grundleiden wie Krebs, Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut), Herzwürmer, Medikamente usw.

Was sind die Symptome bei IMHA?
Wenn ein grosser Prozentsatz der roten Blutkörperchen betroffen ist und/oder diese sehr schnell zerstört werden, weist der Hund äusserliche Zeichen der Krankheit auf.

Die klinischen Symptome von IMHA machen sich normalerweise langsam und fortschreitend bemerkbar, aber gelegentlich kommt es vor, dass ein anscheinend gesundes Tier auf Grund einer akuten hämolytischen Krise plötzlich zusammenbricht. Die klinischen Symptome widerspiegeln im Wesentlichen mangelnde Sauerstoffversorgung, denn der Farbstoff (das Hämoglobin) in den roten Blutkörperchen sorgt primär für den Transport des Sauerstoffs im Blut. Die häufigen Symptome sind Schlappheit, Appetitlosigkeit sowie eine erhöhte Herz- und Atmungsfrequenz. Bei der klinischen Untersuchung kann ein Herzgeräusch, blasse Schleimhäute (Zahnfleisch, Zunge, Bindehäute) und schnelle Herzfrequenz und schwacher Puls festgestellt werden. In schwereren Fällen kommt es auch zu Fieber und Gelbsucht (Ikterus) - gelbe Verfärbung des Zahnfleisches, des Augenweisses und der Haut, was auf die Anhäufung von Bilirubin, einem Zerfallsprodukt von Hämoglobin, zurückzuführen ist.

Die Diagnose IMHA wird in der Regel auf Grund dieser klinischen Merkmale sowie weiterführenden Untersuchungen gestellt. Das Blutbild zeigt normalerweise eine regenerative Anämie mit Sphärozyten. Sphärozyten sind eine spezielle Form von roten Blutkörperchen, die nur bei IMHA entstehen. Die Blutproben können auch sogenannt autoagglutinieren (spontan verklumpen). Ein Coomb's-Test (Nachweis von Antikörpern gegen die roten Blutkörperchen) hilft die Diagnose zu bestätigen.

Warum ausgerechnet mein Hund?
Leider weiss niemand, warum ein Hund IMHA entwickelt. Gewisse Rassen wie beispielsweise Cocker Spaniel und Pudel haben ein erhöhtes Risiko als andere Rassen. Typischerweise handelt es sich um Hündinnen mittleren Alters. Immunvermittelte hämolytische Anämie kann jedoch jederzeit bei jeder Rasse und in jedem Alter, auch bei Mischlingen, vorkommen.

Die Veterinärmedizin hat noch keine anerkannte Erklärung gefunden, weshalb ein bestimmter Hund von IMHA befallen wird. Es gibt jedoch in der Literatur verschiedene Hinweise, dass eine vor kurzem stattgefundene Impfung mit einem häufigeren Auftreten von IMHA verknüpft werden kann. Ebenso kann die Verabreichung gewisser Medikamente wie Sulfonamid-Trimethoprim-Antibiotika dazu führen. Auch Hunde mit schweren Infektionen oder Krebsleiden können IMHA entwickeln (sekundäre IMHA). Die Überlegung, dass irgendetwas den Ausbruch verursacht, rührt daher, dass z.B. Impfstoffe und Krebszellen beim Immunsystem eine Reaktion auslösen, um Antikörper zu bilden. Aus Versehen können dann die Antikörper auch die roten Blutkörperchen und manchmal auch die Blutplättchen befallen (diese Zellen bezeichnet man dann als "innocent bystander") mit der daraus folgenden Reaktion wie oben beschrieben.

Ist die Krankheit heilbar?
IMHA sollte als eine behandelbare wenn auch nicht immer heilbare Krankheit betrachtet werden. Die Medikamente werden verabreicht, um die Hyperaktivität des Immunsystems zu dämpfen und die abnormale Immunreaktion gegen die roten Blutkörperchen zu unterdrücken. Die Behandlung muss teilweise auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden, jedoch sind die meisten Hunde während mindestens 4-6 Monaten auf Medikamente angewiesen. Hunde die einmal IMHA gehabt haben, neigen dazu, wieder zu erkranken, daher ist eine wiederholte Impfung bei diesen Tieren nicht empfohlen.

Welche Behandlung gibt es?
Die Behandlung beruht auf Unterdrückung der gesteigerten Immunantwort des Körpers. Dafür sind verschiedene Medikamente verfügbar, aber als erstes wird immer mit Kortison (Steroid) behandelt. Diese wirken recht schnell, sind kostengünstig und sehr wirkam - die Standardtherapie. Andere Immunosuppressiva Azathioprin, Cyclophosphamid, Cyklosporin und weitere können ebenfalls angewendet werden.

Betroffene Patienten benötigen teilweise auch eine Bluttransfusion, um den klinischen Zustand zu stabilisieren bis die immunsupprimierende Behandlung zu wirken beginnt. Meistens wird Vollblut oder Zellkonzentrate angewendet.

Eine der gefürchtetsten Komplikationen der IMHA ist die Lungenthromboembolie (Blutgerinnsel in der Lunge), welche primär durch die Aktivierung der Blutgerinnung auf Grund von Entzündung und Zerstörung der roten Blutkörperchen verursacht wird. Aber bei IMHA Hunden tragen auch weitere Faktoren zur erhöhten Gerinnungstendenz bei, darunter die Infusionskatheter wie auch die Verabreichung von Kortison. Die Prognose bei diesen Patienten ist leider ganz schlecht.

Nebenwirkungen der Medikamente
Prednison und andere Steroide sind katabole Substanzen; der Hund verliert Muskelmasse und Kraft. Ausserdem verursachen diese Medikamente typischerweise massiv erhöhten Durst und entsprechend auch erhöhten Harnabsatz, weil sie den Durstmechanismus und die Wasserspeicherungsfunktion der Niere beeinträchtigen. Ebenfalls kann es zur Reizung des Magen-Darm-Traktes (MDT) kommen, mit Erbrechen/Durchfall. Seltener sind auch MDT-Blutung, Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) möglich.

Zusammenfassung
IMHA ist eine lebensgefährliche Immunkrankheit und die Besitzer von Hunden mit IMHA sehen sich leider mit einer vorsichtigen bis schlechten Prognose für ihr Tier konfrontiert. Die Erfolgschancen auf dauerhafte Heilung liegen bei ca. 50-70%.

Dr. med. vet. Kamil Tomsa, Dipl. ECVIM-CA
Ennetseeklinik für Kleintiere AG
Hünenberg, Schweiz

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28.10.2017